Sonntag, 27. September 2015

Katholische Kirche: Papst Franziskus ist seiner Kirche einen Schritt voraus.

In den letzten Wochen reiste Papst Franziskus durch Amerika und besuchte dabei die beiden Erzfeinde Kuba und USA,  was ihm eine große mediale Aufmerksamkeit und Lob von allen Seiten einbrachte. Vor allem für die Kräfte der linken Mitte, die der katholischen Kirche in der Vergangenheit stets eher kritisch gegenüber gestanden waren, ist der neue Papst, der statt in einer Limousine in einem Fiat 500 durch New York fährt und sich gerne einmal über die menschen- und umweltfeindliche Spielart des Kapitalismus, die zur Zeit weltweit auf dem Vormarsch ist, auslässt, ein Licht am Horizont in der ansonsten so antilinken und elitären Kirche. Franziskus Vorstellung von einer armen Kirche der Armen und die linken Visionen von einer sozialen Gesellschaft ohne Klassenunterschiede ergänzen sich hervorragend. 

Doch gleichzeitig muss sich der Papst auch Kritik gefallen lassen. Zahlreichen Konservativen in der katholischen Kirche, die sich bisher gut mit dem vorherigen Papst Benedikt verstanden, ist der neue Papst einfach zu links. Sie verstehen nicht, wieso er die Zusammenarbeit mit den mächtigen konservativen Eliten, die die katholische Kirche seit dem Mittelalter gepflegt hat und durch die sie groß und mächtig geworden ist, nun zugunsten einer progressiven Kapitalismuskritik aufgibt. Die neue Politik des Papstes bringt sie in eine  Zwickmühle, da sie den Papst zum einen angreifen und kritisieren, zum anderen aber auch das Dogma der katholischen Kirche, nach dem der Papst ein unfehlbares Sprachrohr Gottes ist, anerkennen. 
Nicht in diese Zwickmühle geraten die sogenannten Evangelikalen, erzkonservative Protestanten, die vor allem im Süden und mittleren Westen der USA stark sind. Für sie ist die katholische Kirche sowieso eine linke Organisation, mit der sie möglichst wenig gemeinsam haben wollen.

Doch nicht nur von der rechten Seite kommt Kritik. Manche Reformer bemängeln, dass Franziskus bisher außer großen Worten wenig hervor gebracht habe und sich schwer damit tue, die dringend benötigten Reformen in der katholischen Kirchen anzustoßen. Und in der Familien und Sexualität Politik vertritt Franziskus sowieso eine eher konservative Position, die ihm durchaus von Zeit zu Zeit Kritik aus den Reihen derer, die normalerweise hinter ihm stehen, einbringt. Aber vom Oberhaupt der katholischen Kirche zu erwarten, dass er gleichgeschlechtliche Ehe befürwortet und Frauen ihr Recht auf Abtreibung zugesteht, ist wohl doch etwas zu viel verlangt und wenigstens gibt Franziskus zu, dass es manchmal reichlich komisch erscheint, dass die Kirche, eine Institution, die zum größten Teil aus ledigen alten Männern besteht, Menschen Tipps und Anweisungen zum Thema Familie und Sexualität gibt.  

Das Thema Reformen in der katholischen Kirche ist ein heikles Thema. Die Kirche ist de facto ein Überbleibsel aus dem Mittelalter und ist von ihrer Organisationsstruktur her dem Lehnswesen ähnlich, bei der König beziehungsweise der Papst die Macht über eine einzelne Lehn/ Diözesen an die Adeligen/ Bischöfen vergibt, die dann die Politik in dem ihnen zugewiesenen Bereich bestimmen. Dabei herrscht eine Günstlings und Speichellecker Wirtschaft, in der das Kirchenvolk nicht mitzureden hat. Abhängigkeitsverhältnisse und Rivalitäten werden gepflegt, Netzwerke, Seilschaften und Intrigen gesponnen und unerbittliche Machtkämpfe geführt. 
Die Kirche zu demokratisieren würde bedeuten dieses System zu beenden und die Macht der Bischöfe und Kardinäle, die sich bisher schamlos bereichern konnten, zu beschneiden. Das kann auch ein Papst nicht ohne weiteres tun, wenn er nicht die mafiaähnlichen Strukturen im Vatikan gegen sich aufbringen will, was durchaus gefährlich werden kann.
Dass die Eliten der katholischen Kirche Reformen radikal bekämpfen, kann man am Beispiel einer Runde reformfreudiger Kardinäle sehen, die der Papst Anfang des Jahres einrichtete und die eine neue Position der katholischen Kirche zur Sexualität ausarbeiten sollte. Trotz hoher Erwartungen kam am Ende auf Druck konservativer Kräfte wenig Neues, sondern nur eine Wiederholung alter Phrasen dabei heraus.

Innenpolitisch reiht sich der Papst also in die Reihe der Reformer-Könige ein, vom Volk geliebt vom Adel jedoch bekämpft. Und so bleibt dem Papst nichts anderes übrig als sich mit der weltlichen Politik zu beschäftigen. Der Anteil der Katholiken an der Weltbevölkerung beträgt immerhin gut 17,5 Prozent und so haben die Worte des Papsts immensen Einfluss weltweit. Daher beschränkt sich der Handlungsspielraum des progressiven Papsts aufs vermitteln und Reden halten, was ihm jedoch außergewöhnlich gut gelingt. So ist die Annäherung zwischen den ehemaligen Erzfeinden Kuba und den USA, nicht zuletzt auf die päpstliche Vermittlung zurückzuführen. 


Franziskus macht das Beste aus den beschränkten Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, aber ein Hexer ist er auch nicht. Und so wird die katholische Kirche am Ende seiner Amtszeit deutlich moderner sein, eine aufgeklärte demokratische Organisation wird aber selbst Franziskus nicht aus seiner Kirche machen können. Er ist seiner Kirche einen Schritt voraus.

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