Donnerstag, 27. August 2015

Griechenland: Rückblick auf Alexis Tsipras erste Amtszeit

An Niemandem haben sich die Geister in Europa, vor allem in Deutschland, im letzten halben Jahr mehr gespalten als an Alexis Tsipras. Von den einen wurde er zum Retter Griechenlands und Rebellen gegen das deutsche „Spardiktat“ verklärt, von den anderen als Unruhestifter und Hindernis bei der Griechenlandrettung diffamiert. Nun ist der wohl am kontroversesten diskutierte Regierungschef Europas zurückgetreten, verkündete aber noch im selben Atemzug sein Ziel, dieses Amt bei den nächsten Wahlen wieder zurückgewinnen zu wollen. Es ist Zeit für einen ehrlichen Rückblick auf seine erste Amtszeit.

Eins muss vorneweg gesagt werden: Tsipras ist nicht Schuld an der Krise, in der sich Griechenland  augenblicklich befindet. Er war nie ein Teil des korrupten, inkompetenten System, das durch die etablierten Altparteien Nea Dimokratia und Pasok, den Lieblingspartnern Merkels, aufgebaut und repräsentiert wurde und das es nur großen Unternehmen und Oligarchen, sondern auch ganz normalen Griechischen Bürgern erlaubte, Steuern zu hinterziehen und den Staat zu bescheißen. Nein, er bekämpfte dieses System, zumindest rhetorisch, sogar. 
Vielmehr war seine Wahl eine Reaktion der Wähler auf einen Wandel in Griechenland, der inzwischen notwendig ist, und von den Geldgebern konsequent eingefordert wird. Jahrelang war Griechenland ein Kümmererstaat. Er subventionierte seine Bürger großzügig mit niedrigen Renteneintrittsältern, staatlichen Mehrwertsteuer-Rabatten, und allerhand anderen Leistungen. Er ließ zu, dass Gewerkschaften von den Unternehmern Arbeitsbedingungen erpressten, die in anderen Ländern undenkbar gewesen wären und war ein Grieche einmal Arbeitslos fand er ohne weiteres eine Anstellung beim Staat. Hinter dieser Politik steckte nicht nur gedankenloses Gutmenschentum, sondern auch wirtschaftspolitisches Kalkül, der Grundsatz war: Geben wir unseren Bürgern Geld, geben die es aus und fördern damit unsere Wirtschaft. Nun ist jedoch klar, dass diese Strategie gescheitert ist, die Griechen gaben ihr Geld lieber für Waren aus dem Ausland aus und was tatsächlich in die Griechische Wirtschaft floss, steckten korrupte Firmenbosse lieber in die eigene Tasche, als es zu investieren. Der griechische Staat hat jetzt schlicht und einfach kein Geld mehr um die Leistungen weiter zu bezahlen. Sie müssen abgeschafft werden, der Staat muss aufhören sich um seine Bürger zu kümmern.
Doch das weckt natürlich Ängste. In einem Land in dem die Wirtschaft am Boden ist und der Staat sich nicht um seine Bürger kümmern kann, wovon sollen die dann leben? Und auf genau diese Ängste ging Tsipras ein. Sein Plan war es, von der EU die Gelder, die benötigt wurden um die Leistungen weiter zu bezahlen, mit dem Hinweis auf einen Euroaustritt der Griechen, zu erpressen. Er nahm nämlich fest an, dass die führenden Persönlichkeiten der EU diesen Fall unter allen Umständen verhindern wollen würden. 
Erst nachdem die EU deutlich gemacht hatte, dass sie einen Grexit notfalls in Kauf nehmen würden und dabei auch zuließen, dass Griechenland eine Rate bei seiner Schuldenrückzahlung nicht bezahlen konnte, änderte Tsipras seinen Kurs radikal. Dabei zeigte der Populist, der bisher vor allem sein Klientel im Blick hatte, kurzzeitig politische Größe. Obwohl er damit seine Partei spaltete und gegen das Ergebnis der Volksabstimmung handelte, boxte er ein Reformpaket im Parlament durch und ebnete damit den Weg zum dritten Griechenland-Rettungspaket. Mit seiner beherzten Kehrtwendung trägt er einen großen Anteil daran, dass der Grexit abgewendet werden konnte.
Nach dem diese Reformliste durchgesetzt war, trat er zurück und erzwang so Neuwahlen. Dies war nötig, da er ihm zahlreiche Parteimitglieder seine Kehrtwende übel nahmen und er mit ihren Stimmen auch die Mehrheit im Parlament verloren hatten. Bei den Neuwahlen gilt es als unwahrscheinlich, dass Tsipras und seine Partei SYRIZA die absolute Mehrheit erreichen. Da er ein Bündnis mit etablierten Alt-Parteien ausschließt, ist es, solange er zu dieser Aussage steht, unwahrscheinlich, dass er sein Amt bei der Wahl zurück erlangen kann.
Man könnte sagen, dass Alexis Tsipras, durch seine abrupte Kehrtwende in der Europolitik, seine politische Karriere für das Wohl Griechenlands geopfert hat.


Vielleicht hat er dabei auch Pläne verfolgt, die im Augenblick noch nicht nachvollziehbar sind.

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